Festakt im Herzogenrather Rathaus

 

"11.09.1997:

Hans Raida, Günter Venohr und Wolfgang Voigt nehmen an einem Festakt im Herzogenrather Rathaus teil: NABU-Landesvorsitzender Josef Tumbrinck verleiht der Stadt den Titel "Naturwaldgemeinde" als dritter Kommune in NRW und als sechste in der BRD. Die Kommune verpflichtet sich zur naturgemäßen Bewirtschaftung ihres Waldes. Fünf Prozent werden für mindestens 10 Jahre ganz aus der Nutzung herausgenommen; es handelt sich dabei um den 8 Hektar großen Further Wald."

 

(aus: Chronik des NABU Aachen-Land)

 

 

NABU-Naturwaldgemeinde Herzogenrath

von Wolfgang Voigt

 

Grund zum Jubeln hatte die Herzogenrath im September 1997. Als fünfte Gemeinde im Bundesgebiet und dritte Gemeinde in NRW wurde die Stadt als "Naturwald-Gemeinde" ausgezeichnet. Eine Urkunde verleiht der NABU solchen Gemeinden, die sich verpflichten, für mindestens 10 Jahre die vom NABU festgesetzten Kriterien für eine naturnahe Waldwirtschaft einzuhalten. Diese sind u.a.:

  • Verzicht auf Kahlschlag: Die "Naturwald-Gemeinde" verzichtet vollständig auf Kahlschläge. Stattdessen soll der Gemeindewald auf ganzer Fläche selektiv genutzt werden, d.h. durch Einzel- oder Kleingruppennutzung der Bäume.
  • Naturverjüngung statt Anpflanzung: Der natürlichen Verjüngung des standortangepassten Waldes wird absoluter Vorrang eingeräumt. Eine Naturverjüngung ist nicht nur kostenlos, sondern trägt auch zur generativen Bewahrung des standörtlich angepassten Erbmaterials der Baumpopulationen bei.
  • Verzicht auf Pestizide: Es wird auf jeglichen Einsatz von Pestiziden (z.B. Herbizide, Insektizide, Mäusegifte) und Düngemittel verzichtet.
  • Einsatz sanfter Betriebstechniken, z.B. Rückepferde
  • Schutz des auf natürliche Weise angefallenen Totholzes: Durch die zu frühe "Ernte" unserer Bäume ist der Tot- und Altholzanteil in unseren Wäldern sehr gering. Er stellt aber wertvollen Lebensraum für eine ganze Reihe von Tieren, Epiphyten und Pilzen dar. Es wird daher angestrebt, den auf natürliche Weise angefallenen Totholzanteil in der "Naturwald-Gemeinde" schrittweise bis auf 5% zu erhöhen.
  • Nutzungsverzicht auf 5% der gemeindlichen Waldfläche: Durch den Nutzungsverzicht auf einem Teil der Waldfläche können sich ungestört Naturwaldzellen entwickeln, in denen die natürlichen Prozesse der Alterung von Waldbeständen, deren kleinräumiger Zerfall und Zersetzung mit anschließender Verjüngung über baumartenreiche Zwischenstadien wieder stattfinden können.

Während die erstgenannten Kriterien in Herzogenrath bereits seit einigen Jahren weitgehend praktiziert wurden, gab es große Schwierigkeiten bei der Auswahl einer geeigneten Waldfläche, die ganz aus der Nutzung genommen werden sollte. Bedingung unsererseits war, dass es eine zusammenhängende Waldfläche sein sollte, in der sich die Lebensgemeinschaften ungestört entwickeln können. Ein passendes Waldstück zu finden ist in einer so waldarmen Gemeinde wie Herzogenrath (sie besitzt nur 134 ha Wald) nicht gerade leicht. Nach zähen Verhandlungen mit der Stadt- und der Forstverwaltung einigte man sich schließlich auf das Waldgebiet an der Further Straße.

 

Durch die Aktion "Naturwald-Gemeinde" will der NABU eine möglichst flächendeckende naturnahe Waldwirtschaft in ganz Deutschland etablieren und auf diese Weise dazu beitragen, die Artenvielfalt im Wald zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Wie zahlreiche Beispiele belegen, lassen sich Ökonomie und Ökologie auch im Wald miteinander verbinden. Eine naturnahe Waldnutzung ist wirtschaftlich und bietet zahlreichen Pflanzen und Tieren eine Überlebenschance. Bei der Bewirtschaftung der Wälder muss jedoch das Prinzip der Nachhaltigkeit beachtet werden: Es wird nur die Menge Holz entnommen, die wieder nachwächst. Werden nur einzelne Bäume gefällt, ist dies für die Natur die ideale Waldnutzung. Ein Dauerwald entsteht - langfristiger Lebensraum und Rohstofflieferant.

 

(aus: NABU Aachen-Land, Ihr Naturschutzverband informiert, 1998)

 

 

Herzogenrath verlängert Projekt "Naturwaldgemeinde"

Die Stadt Herzogenrath hat am 9. September 2008 das Projekt "Naturwaldgemeinde" um weitere 10 Jahre verlängert.

"Hierauf wird in der Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses vom 15.09.2009 bei der Beratung zum Forstwirtschaftsplan für das Jahr besonders hingewiesen. In der Vorlage heißt es: Wie in den Vorjahren orientieren sich diese Maßnahmen an den Kriterien, denen die Stadt Herzogenrath seit dem 11.09.1997, verlängert am 09.09.2008, als NABU-Naturwaldgemeinde, unterliegt."

 

(aus: EXKURSiONEN - eine Veröffentlichungsreihe des NABU Aachen-Land e.V., Nr. 22: Wolfgang Voigt, Further Wald - Was ist aus dem NABU-Naturwald-Projekt geworden? Alsdorf, März 2010)