Winterfütterung - das Für und Wider

Richtig betrieben ist sie Hilfe und Naturerlebnis zugleich

Futterblockhaus

Wenn ab dem Spätherbst Lebkuchen und Weihnachtsgebäck die Supermarktregale füllen, dann stapeln sich nicht weit davon auch Berge mit Vogelfutter und Meisenknödeln. Die Winterfütterung kommt so sicher wie die schneefreie Zeit um Weihnachten. Jahr für Jahr geben bundesdeutsche Vogelfreunde rund 15 bis 20 Millionen Euro dafür aus. Die Winterfütterung ist neben dem Aufhängen von Nistkästen wohl die beliebteste Form des Vogelschutzes.

Doch unter Vogelfreunden wird kaum ein Thema so kontrovers diskutiert wie die Fütterung von Wildvögeln: Viele Tierschützer und Vogelfreunde plädieren für's Füttern, damit kein Vogel den Hungertod erleide. Andere wiederum sehen darin keinerlei Sinn und lehnen jede Form der Fütterung ab - nicht selten mit dem Hinweis, das Geld sei besser in Schutzprojekte investiert. Ganz darwinistisch Orientierte pochen auf die "natürliche Auslese" im Winter.

Blaumeise

Blaumeisen sind nicht in ihrem Bestand gefährdet und bedürften so gesehen keiner Fütterung.

"Tatsächlich sollten sich Vogelfreunde darüber im klaren sein, dass Winterfütterung und Naturschutz zwei Paar Schuhe sind", erklärt NABU-Vogelexperte Dr. Markus Nipkow. Untersuchungen zeigen: Die Vogelfütterung in Städten und Dörfern kommt etwa 10 bis 15 Vogelarten zugute. Dazu gehören Meisen, Finken, Rotkehlchen und Drosseln. Die meisten von ihnen haben stabile oder wachsende Populationen, und keine dieser Arten ist in ihrem Bestand gefährdet. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. den seltener werdenden Haus- und Feldsperlingen) erreicht das Füttern rund um's Haus also nicht diejenigen Vögel, die im Mittelpunkt notwendiger Schutzbemühungen stehen oder stehen sollten. Dadurch kann die Winterfütterung zum Artenschutz letztlich nur einen kleinen Beitrag leisten.

Hat Vogelfüttern damit heute ausgedient? "Keineswegs", meint Markus Nipkow. "Wo sonst lässt sich lebendige Natur selbst mitten in der Stadt und aus nächster Nähe so gut erleben?" Das gilt besonders für Kinder und Jugendliche, die immer weniger Gelegenheit zu eigenen Beobachtungen und Erlebnissen in der Natur haben. "Nicht selten weckt der Spaß dann auch das Interesse, selber aktiv zu werden und sich im Naturschutz zu engagieren", gibt der Vogelschützer zu bedenken. Viele Menschen haben ein tiefes Bedürfnis, zu helfen, einfach etwas zu tun. So ist der nächste Schritt oft der, den eigenen, häufig viel zu eintönigen Garten nun auch vogelfreundlich zu gestalten. Das eine tun und das andere nicht lassen - unter diesem Motto könnten sich Winterfütterung und Naturschutz treffen.

Winterliche Wacholderdrossel

Wacholderdrosseln suchen zur Winterzeit in naturnahen Gärten nach Nahrung und sind dann nicht selten auch an Futterstellen zu Gast.

Fazit: Richtig betrieben ist die Winterfütterung Hilfe und Naturerlebnis zugleich. Ihren Platz unter den beliebtesten Aktivitäten im Vogelschutz soll sie auch in Zukunft nicht verlieren. Übersehen werden darf jedoch nicht, dass heute weitreichendere Maßnahmen notwendig sind, um den Rückgang gefährdeter Vogelarten zu stoppen. Im Artenschutz muss deshalb Priorität haben, was die Vielfalt in unserer Kulturlandschaft wirksam und möglichst langfristig fördert. Gezielte Agrarumweltprogramme zählen dazu ebenso wie Maßnahmen zur Pestizidreduktion, die Förderung angepasster Mahdtermine, oder das zeitweise Belassen von Stoppelfeldern nach der Ernte.

 

(Quelle: www.nabu.de)