Waldstück gekauft - und gleich abgeholzt

Herzogenrath/Würselen. Es ist schon ganz schön auffällig: Im Further Wald zwischen Bardenberg und Pley liegen unzählige gefällte Bäume am Straßenrand. Auch wenn man von Herzogenrath aus ins Wurmtal wandert, sieht man gleich meterhoch aufgetürmte Baumstämme. Zwar stehen noch einige Bäume, aber dazwischen ist das Waldgebiet ganz schön kahl.
Die Abholzung erzürnt derzeit viele Menschen aus Naturschutz und Politik. Allerdings ist die Rodung wohl rechtens. Das Waldstück wurde vor wenigen Wochen vom EBV an die Firma des Eifelers Udo Schmitz aus Ormont veräußert. Den Wald forstwirtschaftlich zu nutzen ist sein gutes Recht – und offensichtlich macht er davon intensiv Gebrauch. Dr. Gerd Krämer, Leiter des Gemeindeforstamts Aachen, geht davon aus, dass der Eigentümer mit dem Holzverkauf einen Teil der Anschaffungskosten wieder reinholen will. Krämer sagte, dass die „Einschläge kritisch beäugt werden“.
„Ohne Sinn und Verstand“
Hoheitlich zuständig für das Gebiet ist das Regionalforstamt Rureifel. Was zwischen Herzogenrath und Bardenberg geschieht, bezeichnet Regionalforstamtsmitarbeiter Dirk Lüder geradeheraus als „Raubbau“. Auch wenn Waldbesitzer Schmitz meine, dass das, was er dort tut, forstwirtschaftlich vertretbar ist. Worauf es dem Unternehmer, so Lüder, ankomme, sei klar: „Eine hohe Ausbeute an nutzbarem Holz – ohne Sinn und Verstand.“ Aber gegen Übernutzung eines privaten Waldstücks könne man rechtlich schlicht nichts tun.
Besonders pikant: Das Waldstück liegt im Naturschutzgebiet, das auch Fauna-Flora-Habitat ist. Daher dürfen beispielsweise keine geschützten Arten gefährdet werden. Auch ein kompletter Kahlschlag ist laut Landesforstgesetz verboten. Wenn nur noch wenige Bäume stehenbleiben, sei es aber Auslegungssache, was Kahlschlag ist und was nicht, sagt Krämer.
Hält der Waldeigentümer diese Bestimmungen ein, ist er nach dem Landesforstgesetz nicht einmal verpflichtet, seinen Wald wieder aufzuforsten. Nur wenn er alle Bäume fällen würde, müsste er innerhalb von zwei Jahren junge Bäume pflanzen.
Besonders auf Herzogenrather Stadtgebiet ist der Further Wald stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Günter Kalinka, Vorsitzender der AG Wurmtal, sieht eine ökologische „Katastrophe“ im Abholzen der alten Buchen, Eichen und Kirschbäume. Der Bereich, in dem die Bäume gefällt worden sind, war – wohlgemerkt war – für Kalinka die „Kernzelle des Naturschutzes in diesem Wald“. Und das stört nicht nur optisch: Kalinka vermutet, dass es für Spechte nun problematisch wird, überhaupt eine Brutstätte zu finden. Auch Habichte, Sperber oder Wespenbussarde dürften nun schwieriger einen Platz für ihren Horst finden.
Verärgerung, aber keiner weiß Rat
Empört zeigt sich auch die Politik: Bruno Barth (SPD, Herzogenrath) spricht im Zusammenhang mit den Rodungen von einer „Fällaktion, die mich wütend und fassungslos macht“. Für Toni Ameis (Die Linke, Herzogenrath) gleicht der Bereich schon einer „Mondlandschaft“. Besonders ärgert Barth, dass gleich neben dem Privatwald ein Stück „Nabu-Naturwald“ liegt. Wegen diesem darf die Stadt Herzogenrath den Titel „Naturwaldgemeinde“ tragen. Weiterhin beklagt Barth, dass „öffentliche Wege, die normalerweise von vielen Spaziergängern genutzt werden, vollkommen zerdeppert worden sind“ – wahrscheinlich durch das schwere Gerät, das zum Roden der Bäume eingesetzt wurde. Tatsächlich kommt man auf den Wegen nur noch mit sehr festem Schuhwerk vorwärts.
SPD, Grüne und Linke wollen das Thema auf die Tagesordnung des nächstes Umwelt- und Planungsausschusses in Roda setzen.
Auch in Würselen wird das Thema im kommenden Technikausschuss behandelt. Füt die Bardenberger SPD ist die Rodung ein großes Ärgernis: Vorsitzender Heinz Viehoff spricht von einem „Skandal“. Offen bleibe, wie die Rodungen behördlich kontrolliert werden, wie man in Zukunft solche Aktionen verhindern könne. Ihre Kritik formuliert die SPD in einem Brief an Bürgermeister Arno Nelles.
Doch in den Rathäusern sind den Beamten die Hände gebunden. Auch Forst- und Untere Landschaftsbehörde sehen sich nach geltendem Recht nicht im Stande zu handeln – bleibt nur Zusehen?!
Sollen Waldstücke vor solchen Rodungsaktionen geschützt werden, bleibt den Städten aktuell nichts anderes übrig, als Flächen, die sie unbedingt schützen wollen, selber zu kaufen. Oder zumindest beim Verkauf an einschlägig bekannte Firmen zu protestieren. Ansonsten darf der Besitzer seinen Wald forstwirtschaftlich im Rahmen der Vorschriften nutzen. Bedenklich ist allerdings, dass im aktuellen Fall ein Waldstück im Naturschutzgebiet gekauft und umgehend zum Großteil abgeholzt wurde.
Würselens Technischer Beigeordneter Till von Hoegen erklärt, dass die Stadt das Waldstück gerne gekauft hätte, allerdings habe man erst davon erfahren, als der Verkauf an Privatmann Schmitz schon unter Dach und Fach war.