Alsdorf: Gewässer im Naturschutzgebiet umgekippt

von Wolfgang Voigt
Seit Monaten haben sich Fadenalgen und Wasserlinsen explosionsartig vermehrt. Mittlerweile ist die gesamte Wasseroberfläche derart zugewuchert, dass kein Sonnenstrahl mehr in die Tiefe dringt. Die weiteren Folgen sind absehbar, aber in der Stärke der Auswirkung unabschätzbar. Es ist zu befürchten, dass das vorher vorhandene ökologische Gleichgewicht auf Jahre außerordentlich gestört ist.
Was sind die Ursachen für dieses rapide Verschlechtern von Gewässern, welche sich über drei Jahrzehnte durch sauberes Wasser, hervorragende Sichttiefe und gesundem Besatz aus Flora und Fauna auszeichneten, - also ganz das Gegenteil vom benachbarten Sorgenkind Alsdorfer Weiher, an dem man fast ebenso lange erfolglos Verbesserungen anstrebt?
Von offizieller Seite macht man es sich zu leicht, alles auf den außergewöhnlichen Sommer 2015 oder gar auf das Füttern der Wasservögel durch Besucher der Tageserholungsanlage zurückzuführen. In der zurückliegenden Zeit sind die Wetterbedingungen oft negativer und die Fütterungen meist intensiver gewesen, ohne vergleichbare Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer. Der aktuell zu beobachtende Botulismus bei Wasservögeln ist nur einmal (September 1992) aufgetreten. Die daran anschließende Aufklärungskampagne durch den damals die Ruhezone betreuenden NABU Aachen-Land hat vor Ort zu einer starken Reduzierung des Anfütterns geführt. Auch heute noch sprechen unsere Aktiven (meist mit Erfolg) die wenigen verbliebenen oder neu hinzugekommenen fütternden Personen an.
Auffallend ist dagegen die zeitliche Koinzidenz des Einleitens von Broichbach-Wasser per Druckleitung in die Gewässer des Naturschutzgebietes zur vermeintlichen „Rettung des Alsdorfer Weihers“ und das verstärkte Auftreten der Eutrophierungseffekte.

Im Vorfeld hat man immer wieder betont, dass man das Wasser oberhalb der Mündung des Euchener Baches entnehmen werde, um die Zuleitung von Wasser aus der Kläranlage Euchen zu vermeiden. Die Naturschutzseite hat dagegen bereits in der Planungsphase, unter anderem im Landschaftsbeirat, darauf hingewiesen, dass das vorgesehene Wasser aus dem Broichbach wohl auf lange Sicht das problematischere ist. Da der Broichbach zwischen der Quelle in Linden-Neusen und dem Zufluss des Siefengrabens nur noch episodisch Wasser führt, ist es letzterer der die Hauptmenge liefert. In ihn „münden“ unter anderem Abwässer aus der Broicher Siedlung und aus den Mariadorfer Angelteichen, gepumptes Wasser aus dem Bereich ehemalige Kläranlage Broich und vermutlich immer noch Autobahn-Wasser, wie man seit dem Unglück mit dem niederländischen Sahne-Tankwagen auf der A 44 im Dezember 1993 weiß. Unterhalb des Broicher Weihers werden / wurden außerdem Wässer aus dem Bereich der so genannten „Giftmülldeponie Blumenrath“ nach ihrer Behandlung durch eine zuletzt von Kreis Aachen / StädteRegion Aachen betriebenen Filteranlage zugeleitet.
Die Rolle der Stadt Alsdorf sollte im Gesamtzusammenhang ebenfalls beleuchtet werden. In ihren öffentlichen Darstellungen wird das Broichbach-Wasser in einen Angelteich eingeleitet. Gerade bei der Stadtverwaltung sollte man es besser wissen: Die betroffenen Gewässer gehören nicht zu den beiden Anzuchtteichen, die bachabwärts oberhalb des Alsdorfer Weihers liegen. Es handelt sich vielmehr um den Bereich der so genannten „Ruhezone“, eine Ausgleichsmaßnahme für die um 1980 entstandene Tageserholungsanlage Broichbachtal, die wegen dort vorkommender seltener Pflanzen- und Tierarten und ihrer hohen ökologischen Wertigkeit heute Teil des NSG Mittleres Broichbachtal ist.

Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass aufgrund des oben Geschilderten die Aufklärung der Ursachen des im September 2015 aufgetretenen Wasservogelsterbens umfassender erfolgen muss. Die Begründung mit den Futterresten erscheint hilflos und die Plakat-Aktion der Stadt Alsdorf daher wirkungslos und überflüssig.