Martin-Luther-Kirche in Merkstein: Falken fühlen sich im Turm wohl
Herzogenrath. Sehen lassen sie sich an diesem Morgen nicht. Das liegt aber wohl mehr daran, dass sich die Untermieter des Kirchturms der Martin-Luther-Kirche in Merkstein gen Süden aufgemacht haben. Seit einigen Jahren nistet dort regelmäßig ein Turmfalkenpärchen.
«Man kann davon ausgehen, dass es dasselbe Paar ist, denn Turmfalken sind treue Tiere», erläutert Eike Lange, Vorsitzender des Ortsverbandes Aachen-Land des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu).
Dass die Einflugschneise kontinuierlich genutzt wird, ist auch den Anwohnern und Mitgliedern des Presbyteriums aufgefallen. Allen voran Horst Kienbaum, Presbyter der evangelischen Kirchengemeinde Merkstein: Begeistert von der Ornithologie, hat er die Turmfalken beobachtet - und mit der Zeit reifte eine Idee: Der Nabu verleiht seit fünf Jahren die Plakette «Lebensraum Kirchturm».
Und mit einer solchen sollte nun auch der Turm der Martin-Luther-Kirche ausgezeichnet werden. Einige Wochen des Wartens später kam der positive Bescheid. «Es ist ein schönes Wortspiel», findet Pfarrerin Renate Fischer-Bausch. «Die Kirche bietet Lebensraum, damit bewahren wir Schöpfung und Hilfe.»
«Das Problem ist, dass Tauben überall hingehen», erklärt Eike Lange die Thematik, mit der Tierschützer zu tun haben. «Es wird alles verdrahtet, und das hat den Nachteil, dass andere Tiere auch nicht mehr in den Unterschlupf kommen.» Die Entscheidung für die Auszeichnung in Merkstein fiel seitens des Nabu, da sich durch den Einsatz der Gemeindemitglieder zeigt, «dass Sie sich intensiv mit der Vogelwelt befassen», lobt Lange, der für die Gemeinde neben einer Urkunde auch eine Plakette bereithält, die künftig an der Kirchenfassade auf den Artenschutz und das Engagement hinweisen wird. Mehr als 500 Kirchen sind in Deutschland bisher für ihren Einsatz für den Artenschutz vom Nabu ausgezeichnet worden; die Institution in Merkstein ist die erste Kirche im Nordkreis.
Eulen, Dohlen, Fledermäuse und Wanderfalken sind Tiere, die ebenfalls an Gebäuden einen Unterschlupf suchen. Dabei bieten nicht ausnahmslos Kirchen eine Bleibe. Quartiere können aus Holz gebaut und in geeigneter Höhe für die jeweiligen Tierarten an jeglichen Gebäuden angebracht werden. Informationen hierzu hält der Nabu bereit. Solche Unterkünfte bieten den Arten Brutmöglichkeiten.
In diesem Jahr zählten die Gemeindemitglieder im Merksteiner Kirchturm drei Falken-Junge. «Die Brutzeit beginnt zwischen März und April, das ist etwas wetterabhängig», weiß Experte Eike Lange. Die reine Brutzeit beträgt drei Wochen, die Aufzucht liegt zwischen fünf und sieben Wochen. «Dann werden die Jungtiere noch außerhalb der Brutstätte gefüttert. Zum Teil schlafen sie im Nest, aber mit der Zeit suchen sie sich ein eigenes Revier, während das Elternpaar zusammen bleibt.»
Die mit den Vögeln einhergehenden Kotspuren seien zwar nicht ansehnlich, «vor allem, da sich das Einflugloch direkt über dem Kircheingang befindet», gibt Renate Fischer-Bausch zu bedenken. Doch das sei zu vernachlässigen, wenn man dem den geschaffenen Lebensraum gegenüber stelle, sind sich die Presbyteriums-Mitglieder einig.
«Und außerdem», sagt Eike Lange, «ist das alles beim nächsten Regen wieder weg.»