In diesem Jahr residiert der Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros) als Vogel des Jahres. Seine langen, rostroten Schwanzfedern sind sein Namensgeber. Seine Familie sind die Fliegenschnäpper (Muscicapidae), bei der jährlichen großen NABU-Zählaktion „Stunde der Gartenvögel“ rangierte er auf Platz 22. Der zierliche Vogel wiegt 14 bis 20 Gramm, die Flügel sind mit einer Spannweite von etwa 26 Zentimetern relativ lang, ebenso die schwarzen, schlanken Beine. Er sitzt aufrecht, oft knicksend mit zitternden Schwanzfedern. Wie alle Rotschwänze ist der Hausrotschwanz geschlechtsdimorph. Die Männchen sind grauschwarz und tragen am Flügel ein weißes Flügelfeld, die Weibchen und Jungvögel eher graubraun gefärbt und die Schwanzfedern sind nur rötlich. Der Hausrotschwanz ist ein graziler, schlanker Singvogel und morgens als einer der Ersten zu hören:

Schon über eine Stunde vor der Morgendämmerung singt er seine Melodie. Der unverwechselbare Gesang besteht aus klappernden, knirschenden, pfeifenden und fauchenden Elementen, die er in wechselnder Reihenfolge wiederholt. Auch ein scharf pfeifendes „fist“ gehört manchmal dazu. Im Herbst bekräftigt der Hausrotschwanz seinen Revieranspruch noch einmal mit Gesang, bevor er sich auf die Reise in den Süden macht.
Ursprünglich bewohnte er steiniges Bergland, heute hat er jedoch Gebäude in Dörfern und Städten als Lebensraum erobert und ist auch in Gärten anzutreffen. Er bevorzugt eher vegetationsarme, offene Gebiete. Am liebsten sucht er sich den höchsten Punkt in der Gegend, von dem aus er alles im Blick hat.


Die Reviersuche
Die Reviergründung durch die Hausrotschwanz Männchen dauert bis zu sechs Wochen nach Ankunft im Brutgebiet. Das Angebot an bestmöglichen Singwarten ist bei der Wahl des Reviers ein ebenso wichtiges Kriterium wie das Nistplatzangebot. Unter den Singvogelarten ist der Hausrotschwanz bei der Auswahl der Singwarten am selektivsten. Er bevorzugt die exponiertesten Plätze, typisch sind die höchsten verfügbaren Felsen oder hohe Giebelspitzen, Baumkronen dagegen werden sehr selten genutzt. Diese Vorliebe für äußerst auffällige, hohe Warten ist ungewöhnlich für einen Vogel, der vielfach am Boden nach Nahrung sucht.  Auf Konkurrenten und Eindringlinge im Revier reagieren Hausrotschwänze deutlich und unmittelbar. Das Spektrum reicht dabei von Gesangsduellen über vorsichtige, schleichende Annäherung mit Drohgebärden bis zu aggressiven, überfallartigen Attacken. Gegenüber artfremden Mitbenutzern des Reviers zeigen sie sich aber wenig aggressiv, selbst der verwandte Gartenrotschwanz wird meistens geduldet.

Die Balz
Die Weibchen treffen bis zu zwei Wochen später als  die Männchen im Brutgebiet ein. Sie entscheiden sich offenbar nicht sofort für einen Partner, sondern streunen mehrere Tage herum und sammeln Informationen über Revierqualitäten und den Status potenzieller Partner. In der frühen Paarbildungsphase sind ausgedehnte Verfolgungsjagden zu beobachten. In den Hetzpausen kommt es zu ritualisierten Imponierund Balzgesten, in denen mehrjährige Männchen ihren Flügelspiegel zur Geltung bringen. Gemeinsame Inspektionen potenzieller Nistplätze sind Vorbereitungen auf das Brutgeschehen. Hausrotschwänze führen meist eine monogame Saisonehe. Reviertreue und individuelle Präferenzen für bestimmte Reviere können jedoch dazu führen, dass die Partner eines Jahres im folgenden Jahr wieder gemeinsam Junge aufziehen.

Nistplatz und Nachwuchs
Hausrotschwänze sind Nischenbrüter, die ihr Nest in Höhlen und Felsspalten beziehungsweise in Nischen und kleinen Öffnungen an Gebäuden bauen. Sowohl die Nistplatzwahl als auch der Nestbau erfolgen fast ausschließlich durch die Weibchen. Nistmaterial sammeln sie meistens im näheren Umkreis. Dabei verstehen es die Weibchen, Größe und Umfang des Nests so an die Gegebenheiten anzupassen, dass sie die bestmögliche Wärmeisolation und Abschirmung erreichen. Das Nest ist ein recht voluminöser, solider Napf mit einer vergleichsweise tiefen Mulde. Unterbau, Außenrahmen und Mittelteil bestehen vor allem aus
längeren, trockenen Halmen und auch Moos, seltener kleinere Wurzelbestandteile, Flechten, Federn oder Papier. Nisthilfen in Form von Halbhöhlen werden leider nicht immer angenommen.

Die Brut
Die spitzovalen Eier sind reinweiß, selten zart hellblau angehaucht, ca. 1,5 mal 2 cm groß und wiegen etwas über zwei Gramm. Mit je einem Tag Abstand werden in den frühen Morgenstunden etwa 5 Eier gelegt, dann beginnt das Weibchen zu brüten. Die Jungen schlüpfen weitgehend synchron - oft innerhalb weniger Stunden - nach etwa 14 Tagen. Als Nestlinge werden sie vom Weibchen gehudert. Sie verbleiben 15 bis 17 Tage im Nest. Beide Geschlechter beteiligen sich an der Fütterung, Weibchen füttern regelmäßiger und etwas häufiger als Männchen, letztere übergeben einen Teil der Beute dem Weibchen und bringen größere Beutestücke zum Nest. Beide Elternteile betreuen die Jungen nach dem Ausfliegen noch etwa 10 Tage weiter, in Ausnahmefällen auch bis zu drei Wochen. In Erwartung des Futters sitzen die Jungen dann häufig exponiert in Bodennähe, beispielsweise auf Zäunen – wobei sie leider leichte Beute für Katzen werden können. Die Stummelschwänze der Jungvögel erreichen erst zwei bis drei Wochen nach dem Ausfliegen die Länge von Altvögeln. Da die Nester gut geschützt und für Nestfeinde schwer erreichbar sind, ist der Bruterfolg relativ hoch. Unter normalen Umständen schlüpfen aus 85 bis 90 Prozent der Eier Junge, und 90 bis 95 Prozent der geschlüpften Jungvögel fliegen aus.

Ein Wartenjäger im Rüttelflug
Der Hausrotschwanz ist ein Wartenjäger. Als Warten nutzt er Steine, Felsen, Pfosten oder Dächern seltener Sträucher oder Bäume. Dort lauert er auf Beute am Boden. Am häufigsten erreicht er sie mit geradlinigen Sturzflügen und kann dabei einen Richtungswechsel des Beutetiers kompensieren. Auch den Rüttelflug beherrscht der Hausrotschwanz ebenso und holt sich auf diese Weise Beutetiere von Felsen und Gehölzen oder pflückt Beeren von Sträuchern. Nahrungssuche am Boden ist der Hausrotschwanz mit seinen langen Beinen und gleich langen Innen- und Außenzehen gut angepasst. Meist  bewegt er sich dabei hüpfend fort.  Fazit: Der Hausrotschwanz ist beim Nahrungserwerb äußerst flexibel und kann dadurch den Fortbestand bestmöglich sichern.

Der Speiseplan
Auf seinem Speiseplan stehen vor allem wirbellose Kleintiere, aber auch pflanzliche Nahrung, insbesondere Beeren. Das Beutespektrum umfasst mehr als 50 Insektenfamilien und deren Larven. Dazu kommen diverse Spinnentiere sowie verschiedene Arten bodenbewohnender Schnecken. Als Insektenfresser ist er vom Insektenrückgang durch intensive Landwirtschaft und naturferne Gärten stark betroffen. Der Bestand gilt aber noch nicht als gefährdet. Der Hausrotschwanz Mitteleuropas ist ein Kurzstreckenzieher, der meist in Nordafrika oder im Nahen Osten überwintert. Er verlässt dabei das Brutgebiet als eine der letzten wegziehenden Arten und kehrt früh im Jahr zurück. Jungvögel erschließen sich dann oft neue Reviere. Im Zuge des Klimawandels überwintern auch schon einzelne Vögel hier

Von Petra Borowka Gatzweiler

Regio Life Ausgabe 2025-2

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