NABU-Eigentum: Broicher Weiher

von Wolfgang Voigt

Broicher Mühle und Broicher Weiher (Foto: Wolfgang Voigt)
Broicher Mühle und Broicher Weiher (Foto: Wolfgang Voigt)

Eine Beschreibung

Es handelt sich um einen der ältesten der Stauweiher im Broichbachtal, die allesamt zunächst dazu gedient haben, ein Mühlrad anzutreiben. 

Peter Schiffer schreibt 1908 in seinem "Broichtal-Führer": "Gleich einem großen, strahlenden Auge, das zum Himmel aufblickt, erscheint die glänzende Wasserfläche in ihrer grünen Umgebung. An der einen Seite rechts führt ein Weg, getrennt durch einen schmalen Uferstreifen, der mit Baum- und Strauchwerk und verschlungenem Brombeergerank bewachsen ist, am Weiher vorbei. Wir wandern zum entgegengesetzten Ufer. Am Ende des Teiches, der ungefähr 20.000 Quadratmeter Fläche hat, klappert luftig eine Getreidemühle, die Broicher Mühle."

Hein Küsters weiß zu berichten:
"Das bäuerliche Anwesen an diesem Gewässer war der Standort der einstigen Broicher Mühle. Dieses Mahlwerk war früher mit einem Restaurationsbetrieb gekoppelt, und zahlreiche Sommergäste kamen hier in Pension, um Erholung in diesem idyllischen Talkessel zu finden."

Der Broicher Weiher ist bis zum Zweiten Weltkrieg - vor allem für die damalige Hoengener Bevölkerung - ein beliebtes Ausflugsziel gewesen. Sandhang und Sandstrand haben hierbei eine große Rolle gespielt.

Bis in die 60er Jahre hinein ist das Gebiet dann etwas zur Ruhe gekommen, so dass sich die Natur erholt hat. Besonders die Ausbildung eines Schilfgürtels wäre hier zu nennen. Mit der Ausbreitung des Angelsportes (Verkauf von Tageskarten durch den Eigentümer), den Einsatz von Fischen (auch Graskarpfen) und deren Anfüttern hat das Gewässer in den 80er und frühen 90er Jahren deutlich gelitten. Auch das Röhricht ist wieder weit zurückgedrängt worden, so daß die etwa 22.000 Quadratmeter große Wasserfläche weitgehend ohne Bewuchs gewesen ist. Als der Kreistag schließlich das gesamte Gebiet zwischen dem Alsdorfer Weiher und den Mariadorfer Angelteichen 1991 im Landschaftsplan I zum Naturschutzgebiet bestimmt hat, ist die fischereiliche Nutzung - in der bisherigen Form - als Recht erhalten geblieben. Dies ist einer der Gründe gewesen, warum der Naturschutzbund Deutschland, Kreisverband Aachen-Land das mehr als 6 Hektar große Gelände zwischen dem Alten Bahndamm und den Mariadorfer Angelteichen mit Mitteln der Nordrhein-Westfalen-Stiftung und aus dem Naturschutz-Programm Aachener Revier aufgekauft hat. Die Eigenleistung hat dabei 30.000 DM betragen. Am 1. Januar 1995 erfolgt der Besitzwechsel von der Familie Matthias Mertens (Broicher Mühle) zu den Naturschützern, auf deren Antrag hin letztlich auch die angesprochene Unterschutzstellung erfolgt ist. In diesem Zusammenhang sollte man Robert Dreling, Karl Gluth und Gerhard Moll namentlich erwähnen, die hierfür bei Biotopkartierungen wichtige Daten zusammengetragen haben.

Besonders ober- und unterhalb des Weihers findet man ausgedehnte Bruchwaldreste aus Erlen und Weiden, während im Hangbereich teils Reste der Hartholzaue mit alten Eichenbäumen, teils heideähnliche Flächen einander abwechseln.

Unmittelbar an der Mühle gibt es einen stattlichen Bestand der Pestwurz. In den Auwaldbereichen ober- und unterhalb sind die gelben Blüten der ausgedehnten Sumpf-Dotterblumen-Bestände im Frühjahr eine Augenweide.
In der Sandbucht des Weihers stehen seit 1995 Kopfweiden. Sie sind auf das Setzen von Weidenstecklingen durch den Naturschutzbund zurückzuführen, der die später bewurzelten und ausgeschlagenen Weiden auch pflegt. Im seichten Wasser dieses Bereiches sind im Frühjahr Tausende von Erdkrötenlarven anzutreffen. Für die Bevölkerung, vor allem die Kinder, ist dies heutzutage eine besondere Attraktion. Leider kann man auch immer wieder Zeitgenossen erleben, die mit Stöcken die Kröten nach dem Ablaichen in das Wasser zurückbugsieren, weil die vermeintlichen "Frösche" doch in den Weiher gehören. Hier ist noch manches an Aufklärung nötig!

Das Märchen von den "stechenden" Libellen scheint dagegen aus der Welt zu sein. Die meisten Menschen erfreuen sich an den fliegenden Edelsteinen. Zur Libellenfauna des Broicher Weihers gehören Blaugrüne Mosaikjungfer, Große Königslibelle, Torf-Mosaikjungfer, Hufeisen-Azurjungfer, Gemeine Smaragdlibelle, Große Pechlibelle, Gemeine Binsenjungfer, Plattbauch, Großer Blaupfeil, Gemeine Winterlibelle und Blutrote Heidelibelle. Ein Teil dieser Arten ist nur durch ihre Larven belegt.

Zu den größeren Wasserbewohnern gehören die Teichmuscheln und natürlich die Fische. Nach Auskunft von Anglern anfangs der 90er Jahre kommen hier hauptsächlich Flussbarsch, Hecht, Karausche, Karpfen, Rotfeder, Schleie, Zander und Bitterlinge vor. Hin und wieder sieht man den Bisam durch den Weiher schwimmen. 1997 ist in der Nähe der Broicher Mühle ein Nutria tot aufgefunden worden. Der Sandhang ist durchwühlt von zahlreichen Kaninchen. In den hohen Bäumen entdeckt man häufig Eichhörnchen, und auch Bilche gibt es hier, allerdings nur durch überwinternde Haselmäuse in Nistkästen belegt. Über dem Gewässer und im weiteren Umfeld jagen zudem Abendsegler, Wasser- und Zwergfledermaus.

Eisvogel
Eisvogel

108 Vogelarten haben DBV- bzw. NABU-Mitglieder bisher an diesem Gewässer registriert. Darunter gibt es seltenere Arten und ausgesprochene Raritäten, die allerdings auch meist nur als Einzelbeobachtungen in Erscheinung treten. Einige seien hier genannt: Brautente (1994 und 1995), Bruchwasserläufer (1969), Knäkente (1968 und 1969), Löffelente (1972, 1975, 1992), Nilgans (1997), Pfeifente (1967), Schnatterente (1976), Schwarzmilan (1996), Schwarzspecht (1992), Spießente (1992), Steinschmätzer (1974), Waldschnepfe (1976), Wendehals (1956 und 1997) und Zwergdommel (1965). Die absolute Sensation ist allerdings im August 1983 die Purpurralle gewesen. Bei Gerhard Moll ist in seinem 23. naturkundlichen Jahresrückblick hierzu nachzulesen:

 

"Am 17.8.83 sah K. Martin, Pensionär und Angler, am Broicher Weiher in einer Schilfinsel einen ihm bisher unbekannten Vogel, der gewisse Ähnlichkeit mit der allerdings viel kleineren Teichralle hatte. Der klobige rötliche Schnabel und die relativ langen Beine fielen auf; aber das Erstaunlichste und zugleich Schönste war das blaue Federkleid des Vogels. Zu Hause kam der Beobachter dann anhand eines Vogel-Bestimmungsbuches zu dem verblüffenden Schluß: ‘Das muß eine Purpurralle sein! Die gibt es in Deutschland zwar gar nicht sondern nur in Südspanien, Nordafrika, in der Türkei usw.; aber es kann gar nichts anderes als eine Purpurralle sein!’ Er rief nun J. Jossen, Mitglied des Ornithologischen Vereins, an und teilte ihm seine Entdeckung mit. Dieser war sehr skeptisch, fuhr jedoch sofort, bewaffnet mit Fernglas und einschlägiger Literatur, zum Broicher Weiher und konnte bestätigen: ‘Purpurralle (Porphyrio porphyrio), auch Purpurhuhn genannt!’ Nun kam eine Lawine ins Rollen: Die Vorstände der Ornithologen und Vogelschützer, die Gesellschaft Rheinischer Ornithologen usw. wurden verständigt; denn es handelte sich um das erste Erscheinen dieser Vogelart im Rheinland und um die 8. Beobachtung seit 1788 für ganz Deutschland! Die Sensation am Broicher Weiher lockte zahlreiche Fachleute an. Ihre Geduld wurde meistens auf eine harte Probe gestellt; denn der Vogel war sehr scheu und kam nur selten aus seinem Schilfversteck heraus. Gelegentlich schwamm er, indem er beide Füße abwechselnd bewegte und die Fußgelenke weit aus dem Wasser schauen ließ. Diese Fortbewegungsart veranlaßte einen Zuschauer zum Ausruf: ‘Wie ein alter Mississippi-Raddampfer!’ Ab und zu bewies die Purpurralle durch Rundflüge ihre volle Flugfähigkeit. Dieser Umstand, sowie ihre große Scheu und die Tatsache, daß sie nicht beringt oder auf andere Weise gekennzeichnet war, ließen berechtigten Zweifel daran aufkommen, ob es sich vielleicht um einen Zooflüchtling handelte. Hinweise über die Herkunft des seltenen Gastvogels fehlen bisher gänzlich. ..."

Soviel zum seltensten Gast am Broicher Weiher. Hier ist es übrigens auch gewesen, daß Gerhard Moll im Mai 1958 die erste Bläßralle auf Alsdorfer Stadtgebiet entdeckt hat. Seinerzeit ist dieser schwarze Wasservogel mit dem weißen Stirnfleck gegenüber den häufigeren Teichrallen im Kreisgebiet deutlich in Unterzahl gewesen. Heute sieht es anders aus. Die Bläßrallen haben die ehemaligen Charaktervögel an den Gewässern stark zurückgedrängt.

Graureiher
Graureiher

Seitdem das Angeln aufgehört hat, sieht man auch Bach- und Gebirgsstelze, Eisvogel, Graureiher und Zwergtaucher wieder häufiger. Zudem sind mittlerweile Flußregenpfeifer, Flußuferläufer, Haubentaucher und Kormoran festgestellt worden. Die Mandarinenten, zunächst häufige Gastvögel, gehören jetzt zu den Brutvögeln. Auch sie stammen von der Tierparkpopulation ab. Vielleicht stellen sich auch wieder Krick- und Tafelenten ein, die früher hier gebrütet haben. 

Im Oktober 2000 beginnt der Wasserverband Eifel-Rur mit der Beseitigung des viel zu klein dimensionierten Tosbeckens und der Errichtung einer Sohlgleite für Fische am Damm an der Broicher Mühle. Damit wird der Hochwasserschutz für das Gehöft und die Durchgängigkeit für bachaufwärts wandernde Fische gewährleistet. Der Antrag zu dieser Maßnahme stammt vom NABU Aachen-Land.

 

Fotos: Karl Gluth (2), Wolfgang Voigt (1)


(Foto: Karl Gluth)
(Foto: Karl Gluth)

 

Das Bild zeigt einen der Graskarpfen, welcher bei einer Abfischaktion des NABU Aachen-Land am 6. November 2000 dem Gewässer entnommen worden ist.

 

In der Vergangenheit wurde unserem Verband gegenüber bestritten, dass diese Exoten von Anglern eingesetzt worden waren.

 

 

 

Wegen ihres tatsächlichen Vorkommens sollte man sich nicht wundern, dass ein ehemals üppiger Schilfgürtel im Flachwasserbereich verloren gegangen ist.


 

 

Im Laufe der Zeit sind aus dem Hangbereich Unmengen von Feinsand in die nördliche Bucht des Weihers eingespült worden. Dadurch ging ein nicht unerheblicher Teil des Wasservolumens verloren. Zudem schwammen zum Spielen animierte Hunde von dort aus weit in das Gewässer hinein und störten die angesiedelten Wasservögel empfindlich.

Im März 2015 wurde daher in Zusammenarbeit mit der Unteren Landschaftsbehörde der Sand ausgebaggert und auf der Landseite eine landschaftsgerechte Sperre für den eindringenden Sand errichtet.

Weitere Details gibt es hier.

Foto: Wolfgang Voigt (16. März 2015)
Foto: Wolfgang Voigt (16. März 2015)