Winterbeobachtungen des Schwarzkehlchens

von Hans Raida und Günter Venohr

Zu den vom NABU-Kreisverband Aachen-Land betreuten Flächen gehört auch mit 26 ha die rekultivierte ehemalige Braunkohlengrube und Hausmülldeponie Maria Theresia in Herzogenrath. Vom Bodenaufbau, der Oberflächenstruktur und dem Bewuchs ein vielfältiges Biotop. Es gehört seit einigen Jahren zu den am häufigsten von Mitgliedern des NABU Aachen-Land untersuchten Flächen. So ist es nicht verwunderlich, dass regelmäßig "Neuentdeckungen" floristischer oder faunistischer Art erfolgen.


1997 war es der Rotrückenwürger (Neuntöter), der nach 30 Jahren erstmals wieder im Nordkreis auf dieser Fläche zur Brut kam. Bei den Pflanzen entwickelte sich in diesem Jahr als vierte Orchideenart die Hummelragwurz. In diesem Jahr waren die ornithologischen Besonderheiten die Beobachtung von Trauerschnäpper, Raubwürger und Wendehals.

Zum Schwarzkehlchen: 1997 fand die erste erfolgreiche Brut des Schwarzkehlchens statt. Am 17.6.2000 wurden zwei Altvögel mit vier gerade flüggen Jungvögeln beobachtet. Das Besondere aber waren die Winterbeobachtungen mit folgenden Daten: Vom 20.12.99 bis zum 4.3.2000 wurde ein Männchen beobachtet, am 28.2.2000 ein Weibchen und von Mitte Dezember 2000 bis Ende März 2001 je ein Weibchen und ein Männchen.


Einige wenige, aber zunehmende Winterbeobachtungen gibt es seit 1930.
Was macht nun das Besondere der Winterbeobachtungen hier aus? Bisher waren es Einzelbeobachtungen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Auf Maria Theresia handelt es sich um zwei komplexe Zeiträume, die eine Interpretation als Teilzug ausschließen. Beachtenswert ist auch die Überwinterung eines Pärchens. Nach der Literatur "halten sich Schwarzkehlchen meist einzeln oder selten in kleinen Gruppen auf". Dieses Pärchen gab den begonnenen Nestbau - vermutlich nach Störungen - auf.
Erstaunlich war auch der Verbleib des ersten männlichen Vogels. Die Zeit vom 20.12.99 bis zum 4.3.2000 war geprägt durch häufigen Regen, heftige Nordwestwinde, Kälte, Frost, Schnee und Eisregen. So fiel es auch den Beobachtern (Günter Venohr und Hans Raida) schwer, bei jedem Wind und Wetter draußen zu sein.


Zunehmend wird die Überwinterung von Vogelarten beobachtet, die bisher als Zugvögel oder Teilzieher galten. Dies wird auf sich verändernde klimatische Bedingungen - Erwärmung - zurückgeführt. Wenn man die Entwicklung weiter zurückverfolgt, so war es die Amsel, bei der ein verändertes Zugverhalten festgestellt wurde. Man geht davon aus, dass vor 250 Jahren noch alle Amseln nach Süden zogen. Vor 150 Jahren wurden die ersten überwinternden Amseln in Bonn registriert - schwarze Vögel auf weißem Schnee - die Sensation!
Das veränderte Zugverhalten ist besonders bei der Mönchsgrasmücke untersucht. Sie führt, wie auch eine Teilpopulation der Amseln, einen West/Nordwest-Zug durch zu den golfstrombedingt wärmeren britischen Inseln. Da sich dieses veränderte Zugverhalten in wenigen Vogelgenerationen vollzieht, geht die Wissenschaft heute von einer genetisch bedingten Disposition aus.

 

Stand: November 2001