Vorsicht Falle

Über Gefahren für Wildtiere im häuslichen Umfeld

von Stefan Bosch

 

Hilflos flatterte seit Stunden eine Dohle am Fenster. Durch den Kamin war sie in das unbewohnte Ferienhaus gelangt. Nun verhinderte die Glasscheibe ihre unermüdlichen Versuche, wieder frei zu kommen. Dank unserer Aufmerksamkeit und Bemühungen gelang es den Vogel lebend zu befreien, aufzupäppeln und wieder zu seinen Artgenossen zu entlassen.

Eigentlich sind unsere Siedlungen Lebensraum für viele Tierarten, die Gebäude als Felsersatz, Gärten und Anlagen als Ersatz-Natur besiedeln. Dabei tauchen sie an den unerwartetsten Plätzen auf, selbst in unmittelbarer Nähe lärmenden Verkehrs, lauter Maschinen oder belebter Wege. Aber die Verstädterung bieten neben Chancen auch Risiken: Schächte, Straßen, Lichtquellen oder Wasserstellen können tödliche Fallen werden.

Kamine, Lüftungs- und Gebläseschächte sind für Vögel tückische Fallen. Nicht selten plumpsen Dohlen und Weißstörche in unbedeckte Kaminschächte. Rußgeschwärzte Störche sind als "Kaminstörche" bekannt und werden manchmal lebend gerettet. Gitter oder Abdeckungen verhindern solche Verluste. Nachteilig wirken sich Vergitterungen gegen Haustauben aus: Schleiereulen, Turmfalken und andere Vögel werden von ihren Brutplätzen ausgesperrt, zur Brutzeit oft gar eingegittert.

Gebäudesanierungen vernichten oft auf einen Schlag Brutplätze gebäudebrütender Vögel oder Fledermauskolonien. Verschlossene Zugänge und toxische Stoffe zum Holzschutz haben ganzen Kolonien den Garaus gemacht. Zwergfledermäuse, die manchmal Hohlblocksteine als Quartier beziehen, verschwinden mitunter unter dem Verputz. Deshalb sollten Renovierungen nur außerhalb der Brut- und Fortpflanzungszeiten und bei bekannten Quartieren unter frühzeitiger Einschaltung von Fachleuten geplant und ausgeführt werden.

Große Glas- und Fensterflächen sind Flughindernisse für Vögel. Vor allem Singvögel prallen gegen die Scheiben, wenn sie den Eindruck einer Landschaft gespiegelt bekommen. Der Aufprall endet oft mit einer Gehirnerschütterung und häufig mit einem tödlichen Genickbruch. Vogelverluste an Fenstern und gläsernen Schallschutzwänden können erhebliche Ausmaße annehmen. Abhilfe schaffen Markierungen, die die Glasflächen für Vögel als Hindernis erkennbar machen.

Im Keller und unterm Dach suchen Schmetterlinge, Florfliegen oder Marienkäfer ungestörte Winterruheplätze. Oft können sie im folgenden Frühjahr nicht mehr ins Freie gelangen und finden sich im Sommer in großer Zahl tot am Boden. Wer sein Dach tierfreundlich deckt, legt sieblose Lüftungsziegel aufs Dach und öffnet im Frühjahr das Kellerfenster einen Spalt.

Im Sommer lockt das Zimmerlicht gerne Insekten und gelegentlich auch Fledermäuse ins Zimmer. Geduldiges Einfangen mit der Hand oder Hinauskomplimentieren mit einer Zeitung verhilft den verirrten Tieren zur Freiheit. Vorbeugend eignen sich Vorhänge oder Insektengitter gegen tierische Gäste. Lichtquellen aller Art sind für Stechmücken und Nachtfalter attraktiv. Dringt möglichst wenig davon nach draußen, bleiben die mitunter als lästig empfundenen Tiere aus. Auch nächtens angestrahlte Hauswände, beleuchtete Gartenwege, Hauseingänge oder beleuchtete Gartenteiche locken Insekten an und können zur Falle werden. Verzicht auf Licht bzw. mit Bewegungsmeldern nach dem Bedarf kurzfristig eingeschaltete Beleuchtungen mildern das Problem. Ungünstig sind die gegen die Mückenplage auf Balkon und Terrasse angebotenen UV-Lampen: Sie sind ein "elektrischer Stuhl", der nicht nur Stechmücken zuverlässig anlockt und tötet sondern auch viele anderen nachtaktiven Insekten.

Im Außenbereich sind Wasserstellen und Vertiefungen Gefahrenpunkte. Baugruben, Lichtschächte, Treppengänge, Wasserableitungen und Gullys werden leicht zur unentrinnbaren Falle für Igel, Spitzmäuse und andere Kleinsäuger. Zur Laichzeit und im Herbst plumpsen Frösche und Kröten hinein. Aus Fallen mit glatten Wänden können sich die Tiere nicht mehr befreien, sie verdursten und verhungern qualvoll.

 

Gartenteiche und Schwimmbäder mit steilen Ufern sind ebenfalls problematisch, nicht nur für Kleinkinder. In beiden Fällen lösen Absperrungen und Ausstiegsrampen das Problem.

 

Regenwassertonnen im Garten und Gießwasserstellen auf Friedhöfen sind tückische Vogelfallen. Der Versuch aus dem tiefen Wassergefäß zu trinken oder darin zu baden endet für viele Singvögel tödlich. In manchen Regionen sind offene Wassertonnen die häufigste Todesursache bei jungen Steinkäuzen. Garten- und Naturfreunde sollten deshalb Wassersammelgefäße abdecken oder zumindest ein Brettchen als Rettungsfloß auf der Wasseroberfläche schwimmen lassen.

 

(gekürzte Fassung, Vollversion und weitere Informationen hier)