Hier finden Sie folgende Beiträge:

 

  • Stolberger Steinbrüche
  • Frühsommerexkursion in den Südraum Stolbergs
  • Biotopvielfalt am Hammerberg
  • In die Heckenlandschaft bei Venwegen

 

 

 

Stolberger Steinbrüche

von Josef Metzen


Wir Stolberger leben in einer Gegend, wo sich an vielen Stellen stillgelegte oder noch betriebene Steinbrüche befinden.
 Es wurden einst Kalksteinzüge entdeckt und ausgebeutet. Übrig blieben große Löcher, mit denen man teilweise jahrelang nichts anzufangen wusste. So konnte sich die Natur diese Gebiete zurückerobern. Es konnte zwar die schweren Wunden nicht umfassend geheilt werden, aber was übrig blieb und sich weiter entwickeln konnte, ist überaus reizvoll und von großer Bedeutung für die Förderung und Erhaltung der Natur. In den Steinbrüchen und in ihrem Umfeld haben sich bedeutende Lebensräume für eine Vielzahl von Tieren (zum Beispiel Vögeln) und teilweise seltenen Pflanzen entwickelt. Diese Lebensräume müssen auch für die Zukunft erhalten bleiben.  Das haben auch verantwortungsbewusste Naturfreunde erkannt, die sich erfolgreich bemühten, dass diese Steinbrüche und ihre Umgebung nach dem Landschaftsgesetz unter Schutz gestellt wurden. Dies war natürlich nur möglich, weil auch die damalige Ratsmehrheit in Stolberg solche Vorhaben unterstützte. So sind in dieser Stadt sieben Steinbrüche und die dazugehörenden Randgebiete unter Schutz gestellt worden. Ein Steinbruch wurde als geschützter Landschaftsbestandteil anerkannt. Ein Teil der Gebiete ist zudem nach EU-Richtlinien geschützt, wodurch der Schutzstatus noch verstärkt wird.
Was macht die Steinbrüche für die Natur so wertvoll? Aus Platzgründen können hier nur einige herausragende Besonderheiten genannt werden:
In den Steinbrüchen haben sich Teiche gebildet, in denen seltene Amphibienarten wie Gelbbauchunke und Geburtshelferkröte leben und ablaichen. In den bizarren Felswänden brüten seltene Vogelarten, so zum Beispiel der Uhu.
 Der stickstoffsarme Kalkmagerboden bringt eine reizvolle Pflanzenvielfalt hervor. Da blühen seltene Orchideenarten wie die Hundswurz (Anacamtis pyramidalis) und das Kleine Knabenkraut (Orchis morio). Hier ist auch der Deutsche Enzian (Gentiana germanica) zu Hause.
Neben dem Kalkmagerboden gibt es hier auch Flächen, die von Schwermetallvorkommen - insbesondere Blei- und Zinkblende - beeinflusst sind. Hier sind wieder spezialisierte Pflanzenarten zu finden, so zum Beispiel das Galmei-Veilchen (Viola calaminaria) oder die Galmei-Grasnelke (Armeria maritima ssp halleri).
 An anderen Stellen ist ein dichter Strauchbewuchs zu finden, ein Nist- und Brutplatz für zahlreiche Vogelarten, wie den Gelbspötter sowie die Dorn-, Mönchs-, Garten- und Klappergrasmücke. In den strauchfreien Flächen nisten auch einige Bodenbrüter, so die recht seltene Heidelerche und das Schwarzkehlchen. Wo vielerlei Pflanzen blühen, sind auch zahlreiche Schmetterlingsarten zu beobachten, zum Beispiel der Schwalbenschwanz, einige Scheckenfalter-Arten oder Bläulinge.
 Dies alles lässt wohl erkennen, dass wir froh sein können, so herrliche Landschaften in unserer Nähe zu haben, und dass wir gut daran täten, alles Mögliche zu tun, um uns und unseren Nachkommen diese zur Natur zurückgekehrten Steinbrüche zu erhalten. Auch müssen wir Verständnis dafür aufbringen, dass diese empfindlichen Flächen nicht touristisch genutzt werden können und dürfen. Es gibt ja zum Teil schon Stellen, von denen aus man Beobachtungen machen kann.
Wir sollten alles daran setzen, diese Kleinodien zu erhalten, die uns die Natur beschert hat.

Stolberg, im August 2003

(für das Internet bearbeitet von Wolfgang Voigt)

 

 

Frühsommerexkursion in den Südraum Stolbergs

von Peter Robertz (1991)


Wer wissen möchte, wie es kurz nach der Eiszeit in unserer Gegend aussah, ehe der Wald von Süden her sein früheres Areal zurückeroberte, der muss weder in den hohen Norden noch ins Gebirge reisen, sondern kann dies in unmittelbarer Nähe von Aachen und Stolberg erfahren.
Wenn man, von Breinig kommend, in das Tal der Vicht hinunterfährt, passiert man kurz hinter Stolbergs Stadtteil Breinigerberg das 34 Hektar große Naturschutzgebiet Schlangenberg. Der rechts der Straße liegende, auffällige Buckel und die Flächen an seinem Fuß sind praktisch frei von Bäumen. Bis heute gelang es dem Wald nicht, dieses Gebiet zu erobern.
Der Grund hierfür liegt in dem hohen natürlichen Schwermetallgehalt des Bodens. Schon zur Zeit von Kelten und Römern wurde im Bereich der heutigen Stadt Stolberg im Tagebau nach Erz geschürft. Zahlreiche Schürflöcher, die sogenannten Pingen, zeugen auch im Bereich des Schlangenberges noch heute von dieser Tätigkeit. Bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts wurde auf diese Weise der Abbau von Blei- und Zinkerzen betrieben. Den reichen Vorkommen von Galmeierzen verdankte Stolberg seine zeitweilige Weltgeltung in der Metallindustrie (Messing!).
Am Schlangenberg und an anderen Stellen macht der hohe Schwermetallgehalt des Bodens den Bäumen ein Gedeihen unmöglich. Auch für die meisten anderen Pflanzen ist der Boden zu giftig, und so entstand eine einzigartige Gesellschaft von schwermetall- toleranten Pflanzen, die sogenannte “Galmeiflora”. Sie wurde von Schwickerath 1931 erstmals beschrieben und als “Galmeiveilchenflur” (Violetum calaminariae) bezeichnet.
Namengebend war die “Nationalblume” Stolbergs, das gelbe Galmeiveilchen (Viola calaminaria), das in großer Zahl am Schlangenberg blüht. Fünf weitere Arten, deren nächste Verwandte durchweg ebenfalls im Gebirge oder in den Sanddünen der Küsten vorkommen, bilden zusammen mit dem Veilchen diese Pflanzengesellschaft. Es sind die Galmei-Grasnelke (Armeria maritima), das Galmei- Täschelkraut (Thlaspi calaminare), die Galmei-Frühlingsmiere (Minuartia verna ssp. hercynica), das Galmei-Taubenkropf-Leinkraut (Silene vulgaris var. humilis) und ein Schafschwingelgras (Festuca ovina ssp.).
Auf den benachbarten, weniger schwermetallhaltigen Flächen findet man den Halbtrockenrasen der Kalktrift mit einer überaus reichen und typischen Flora, zu der einige Orchideenarten zählen, besonders aber auch die für die Pflanzengesellschaft Gentiano-Koelerietum namengebenden Enzianarten Gefranster und Deutscher Enzian.
Eine solch reichhaltige Flora bietet natürlich eine vorzügliche Nahrungsgrundlage für die Insektenwelt. Mehr als 300 Schmetterlingsarten haben die Fachleute am Schlangenberg bestimmt, von denen manche nirgendwo sonst in Nordrhein-Westfalen vorkommen. Rund 30 Prozent aller am Schlangenberg vorkommenden Schmetterlingsarten stehen zudem auf der Roten Liste.
Flora und Fauna des Schlangenbergs verleihen diesem Naturschutzgebiet eine Bedeutung, die weit über unsere Region hinausgeht. Dieser Bedeutung wurde kürzlich durch die Einrichtung eines “Info-Zentrums Schlangenberg” Rechnung getragen. Ein Besuch ist im Anschluss an die Exkursion möglich.
Durch eine hügelige, von Wiesen, Feldgehölzen und kleinen Waldparzellen geprägte Landschaft erreicht man vom Schlangenberg aus das NSG Brockenberg zwischen Breinigerberg und Büsbach. Dieses 21 Hektar große Naturschutzgebiet wurde ebenfalls wegen seiner Galmeiflora, seiner Kalktrockenrasen und wegen der ökologischen Bedeutung der aufgelassenen Steinbrüche unter Schutz gestellt. Diese Steinbrüche bieten Lebensraum zum Beispiel für wärmeliebende Tiere, und in den Tümpeln, die sich auf den verdichteten Böden der Steinbruchsohle bildeten, laichen Geburtshelferkröten und die vom Aussterben bedrohten Gelbbauchunken. Für zahlreiche Vogelarten bieten die Felsen und Gebüschstreifen einen geeigneten Lebensraum.
Zudem lässt sich in den geschützten Steinbrüchen hervorragend beobachten, wie die Natur selbst bei der Renaturierung dieser Wunden in der Landschaft vorgeht. Von einer ersten Ruderalflora führt die Entwicklung über das Stadium der Verbuschung bis zum Aufkommen von Wald.
Vom Brockenberg aus geht der Blick hinunter nach Stolberg mit der Burg und hinüber zum NSG Rüst mit seinen eindrucksvollen Felsen, an dessen Rand vorbei der Weg zum Ausgangspunkt zurückführt.

Im Exkursionsgebiet gibt es folgende Naturschutzprobleme:

· NSG Schlangenberg: Nachdem die Bundeswehr schon frühzeitig den Übungsbetrieb in diesem auf dem Gelände des Standortübungsplatzes liegenden Areal einstellte, gelang es nach der Ausweisung als Naturschutzgebiet auch weitgehend, die Motorrad- und Geländewagenfahrer aus dem Gebiet herauszuhalten. Der von ihnen angerichtete Schaden ist aber noch deutlich zu sehen. Wo der empfindliche Trockenrasen von den Rädern zerstört wurde, bildeten sich breite Erosionsrinnen. Eine ständige Gefahr für die einzigartige Flora des Kalktrockenrasens bilden zudem die Kiefern, die in der Umgebung angepflanzt wurden und sich erstaunlich schnell ausbreiten. Selbst der Schwermetallgehalt des Bodens scheint ihnen nicht viel auszumachen. Deshalb müssen von Zeit zu Zeit die neu aufkommenden Kiefern entfernt werden, was bei der Bevölkerung nicht immer auf Verständnis stößt.

· NSG Brockenberg: Während beim NSG Schlangenberg zumindest niemand ernsthaft an eine Beseitigung denkt, sieht dies bei den geschützten Steinbrüchen leider anders aus. Besonders in letzter Zeit werden diese Gebiete - ob nun Brockenberg, Rüst, Bärenstein oder Binsfeldhammer - von Kommunalpolitikern wieder als Standorte für Mülldeponien ins Gespräch gebracht. Hier ist der Widerstand aller am Naturschutz Interessierten gefordert.

Eine Bitte zum Schluss: Galmeifluren und Trockenrasen sind sehr empfindliche Lebensräume. Erweisen Sie sich als wirklicher Naturfreund - bleiben Sie bitte unbedingt auf den Wegen!

(aus: EXKURSiONEN - eine Veröffentlichungsreihe des DBV-Kreisverbandes Aachen-Land, Nr. 6. Redaktion: Wolfgang Voigt. Stolberg 1991)

 

 

Biotopvielfalt am Hammerberg

von Hildegard und Martin May (1991)



Diese Exkursion führt uns direkt in das Stadtgebiet Stolbergs, auf den Hammerberg. Von seiner Kuppe aus hat man einen schönen Blick auf die Stolberger Burg und in das Vichttal.
Bekannt ist der Hammerberg unter anderem wegen des Schießstandes des Deutschen Jagdverbandes, der einen größeren Bereich des Gebietes prägt. Zeichen dafür sind die gelben Tontaubenscheiben, auf die wir sicherlich in unserem Exkursionsgebiet stoßen werden.
Wir erreichen den Hammerberg, indem wir von Aachen über Stolberg-Büsbach in das an dieser Stelle sehr enge Vichttal mit seiner Industrie (Prym, Dalli...) hinunterfahren. Das rechtsseitige Vichtufer steigt steil an und ist mit einem niederwaldartigen Eichenwald bedeckt, der große Maiglöckchen-Bestände (Convallaria majalis) beherbergt. Verschiedene Biotope auf kleiner Fläche kennzeichnen dieses Gebiet: Laub-, Kiefern und Fichtenwaldbereiche, kleinflächige Galmeifluren mit Übergängen in die angrenzenden Waldbereiche, Brachflächen und so weiter.
Zudem weist die Insektenwelt viele Besonderheiten auf. Allein 332 Falterarten wie der Schwalbenschwanz, der Brombeerzipfelfalter, das Kleewidderchen, mehr als fünf verschiedene Bläulingsarten konnten hier nachgewiesen werden. Auch der Warzenbeißer, eine bei uns seltene Heuschreckenart, kommt hier vor.
Jedoch erlaubt auch die Vogelwelt gute Beobachtungen. Baumpieper, Grauschnäpper, Misteldrossel, verschiedene Grasmücken und Kernbeißer seien hier stellvertretend erwähnt.
Auf dem Hammerberg wurden Blei- und Zinkvorkommen in Taschen und Schlotten des Famenne-Sandsteins zum Teil gewinnbringend abgebaut.
Der Hammerberg ist ein Teil des Hammerberg-Sattels. Die Sattellinie verläuft über Hastenrath, Stolberg, Büsbach, Dorff, Breinig bis nach Kornelimünster.
Die hierdurch geogen bedingten und auch durch die damit verbundenen Industrieemissionen entstandenen hohen Schwermetallgehalte haben auf der einen Seite zur Ausbildung einer besonderen Flora, den Galmeirasen, geführt. So kommen auch auf dem Hammerberg die charakteristischen Galmeipflanzen wie das Galmeiveilchen (Viola calaminaria), die Galmei-Frühlingsmiere (Minuartia verna), das Galmei- Täschelkraut (Thlaspi calaminare) und die Grasnelke (Armeria calaminaria) vor. Auf der anderen Seite bestehen aber durch die Schwermetalle (Zink, Blei, Cadmium) im Gebiet der Stadt Stolberg große Umweltprobleme. Verschärfend wirkt sich hier auch in klimatologisch-lufthygienischer Hinsicht die Tallage Stolbergs aus. Hier seien nur die Stichworte Boden-, Trinkwasser-, Futtermittel- und Lebensmittel-Belastung angeführt.
Aufgrund der Stadtnähe lastet auf diesem Gebiet unter anderem ein hoher Freizeit- und Stadtranddruck. Gartenabfälle, weggeworfener Müll, Bauschutt und zertretene Galmeiflächen sind sichtbare Zeugen hierfür.
All dies verdeutlicht den Konflikt, dass der Mensch einerseits die vielfältige, möglichst unzerstörte Natur zum Wohlbefinden braucht, andererseits den noch naturnah erhaltenen Lebensräumen durch den Massenzustrom von Erholungssuchenden die Gefahr droht, ihre Natürlichkeit, ihr ökologisches Gleichgewicht zu verlieren.
So ist nach einer Untersuchung des Umweltbundesamtes von 1989 der Bereich Freizeit, Tourismus, Sport einer der Hauptverursacher der Pflanzengefährdung und des Artenrückgangs mit 161 “Rote-Liste-Arten”; übertroffen wird dieser Bereich nur von der Landwirtschaft mit 513 und der Forstwirtschaft/Jagd mit 338 Arten.
Neben den primären Beeinträchtigungen der Natur wie

· Beunruhigung und Stress für Tiere (Wer hat nicht schon einmal Rehe fliehen sehen!)

· Zerstörung bzw. Veränderung der Pflanzen- und Tierwelt (Viele Gartenpflanzen machen sich, konkurrenzstärker als einheimische Pflanzen, in der Natur “breit”. Bekannte Beispiele sind die Herkulesstaude, das Garten-Springkraut, Japanischer Knöterich.)

· Verunreinigung von Boden, Luft und Wasser sowie Bodenverdichtung und Erosion (Man muss für Erosionsschäden nicht nur an Skigebiete denken; Geländemotorsport und das Befahren eines Geländes mit Mountainbikes haben gerade in den empfindlichen Heidegebieten, auf Trocken- und Halbtrockenrasen schon große Schäden verursacht.)

gibt es die sekundären Beeinträchtigungen und nachteiligen Folgen wie zum Beispiel die Landschaftserschließung und -zerschneidung durch Straßen- und Wegebau, die Anlage von Parkplätzen und Versorgungseinrichtungen. So wurde durch die Errichtung der K 6n (Burgholzer Graben) ein kleiner Kalkbuchenwald - hier fand man noch den Seidelbast - vernichtet. Auch die Jagdaufseher und -pächter weisen darauf hin, dass dieses Straßenband eine Todesfalle für Tiere darstellt, die vom NSG Hammerberg zum NSG Binsfeldhammer hinüberwechseln wollen.

(aus: EXKURSiONEN - eine Veröffentlichungsreihe des DBV-Kreisverbandes Aachen-Land, Nr. 8. Redaktion: Wolfgang Voigt. Stolberg 1991)

 

 

In die Heckenlandschaft bei Venwegen

von Dr. Helmut Klußmann (1991)


Unser Exkursionsziel liegt in der Vennfußfläche und ist der bewaldeten luvseitigen Vennabdachung in etwa 300 m ü. NN vorgelagert.
Die Höhenlinien und das Streichen der geologischen Schichten verlaufen hier ebenso von SW nach NE wie die Waldgrenze und die Mehrzahl der Straßen, welche zum Teil römischen Ursprungs sind.
Anders ist die bei der Straße, die Kornelimünster und Breinig mit Mulartshütte und der Eifel in N-S-Richtung verbindet. Sie durchquert dabei einen von Walheim nach Gressenich verlaufenden Devon-Kalkzug, der als “unterirdische Talsperre” für unsere Trinkwasserversorgung wichtig ist.
Auf dem Kalkzug sind die Ortsteile des Straßendorfes Venwegen in lockerer Folge aufgereiht. Die alten Häuser sind überwiegend in Kalkbruchstein und Dolomit, weniger in Fachwerk gebaut.
Venwegen wird erstmals 1303 genannt. Bis 1794, dem Jahre der Säkularisation, war der Ort eng mit der Geschichte der Reichsabtei Kornelimünster verbunden. Es ist anzunehmen, dass er durch Ansiedlung von Arbeitskräften des Höningerhofes - jenes alten Fronhofes der Abtei im Norden von Venwegen - entstanden ist.
Die Karte von 1806/08 (TRANCHOT/V.MÜFFLING) weist die hausnahen Fluren beidseitig der alten Hauptstraße (jetzt: Vennstraße) als Gärten, hofnahe Wiesen und Obstwiesen aus, deren Grenzen durch Hecken markiert sind. Dahinter schließen sich größerteilige Parzellen an, bei denen der hohe Anteil an Ackerflächen auffällt. Die meisten Wege und die Vorhöfe der Häuser - Beringe genannt - waren mit Hecken eingefasst. Heute sind die Ackerflächen vielfach der Weidenutzung gewichen. Die hofnahen Fluren - vor allem östlich der Vennstraße - sind für Wohnbebauung erschlossen. Der Bestand an alten Hecken und auch an Obstwiesen ging dabei stark zurück, letztere auch, weil in früheren Jahren Rodeaktionen zur Verminderung des Marktobstangebotes öffentlich gefördert, und die restlichen nicht mehr genutzten Obstwiesen vernachlässigt wurden.
Heute beunruhigt uns die Verarmung der Landschaft, und der Artenschwund in Flora und Fauna wird in immer länger werdenden “Roten Listen” dokumentiert.

Frühere Generationen hatten Begriffe wie “Dorfökologie” noch nicht formuliert, haben sie aber praktiziert:

· Im Frühjahr nutzten sie die umfangreichen Blütenflächen ihrer Obstbaumgürtel als wichtige Bienenweide.

· Im Sommer schätzten sie die großen Bäume in Hausnähe als Schattenspender für ihr Jungvieh.

· Sie wussten, dass der Ertrag ihrer hochstämmigen Obstsorten schmackhaft war, und mancher zieht auch heute noch zum Beispiel eine Münsterbirne jeder EG-Birne vor.

· Im Winter schließlich schützten Bäume und Hecken vor Sturm und Frost.

Heute führen uns die Rufe des Steinkauzes beim abendlichen Gang durch das Dorf zu den restlichen Obstwiesen, und wir erkennen, dass hier von den Wurzeln bis zu den Kronen eine Vielzahl charakteristischer und gefährdeter Tierarten ihren Lebensraum hat:

Spitzmäuse und Fledermäuse, Bilche und Marder, Spechte und Eulen, Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten in großer Zahl.

Die Exkursion führt uns durch die Heckenlandschaft bei Venwegen.
Es sind meist niedrige Flurhecken mit einigen Durchwachsern, aber auch Buschgruppen und kleine Feldgehölze, welche die Weideflächen gliedern und künstliche Waldränder bilden.
In alter Zeit waren sie für die Ackerbereiche wohl noch wichtiger, weil sie den Wind abhielten und die Kalkböden vor Verdunstung und Erosion schützten.
Trotz der Einbußen durch Wohnbebauung und moderne Landwirtschaft sind die Landschaftsstrukturen des 19. Jahrhunderts noch gut erkennbar, und man hat bei Venwegen die relativ aufwändige Umhegung des Grünlandes mit lebenden Hecken, besonders westlich der Vennstraße, erhalten. Stacheldrahtzäune gehören nicht zum Thema.
In den Hecken und kleinen Gehölzen leben alle bei uns heimischen Grasmücken-Arten und manch andere Heckenvögel.
Im angrenzenden schmalen Wildkrautsaum stehen Aronstab, Lerchensporn, Weißwurz und auch Zwergholunder (= Attich, Zwergblatt).
Die artenreiche Kleinlebewelt im Mikroklima der Hecken birgt manche Überraschung, allerdings werden wir von den etwa 1.000 wirbellosen Tierarten, welche hier Schutz und Nahrung finden, auf unserer Wanderung nur wenige entdecken.

(aus: EXKURSiONEN - eine Veröffentlichungsreihe des DBV-Kreisverbandes Aachen-Land, Nr. 5. Redaktion: Wolfgang Voigt. Stolberg 1991)